Nach 26 Tage auf See von Hawaii nach Kalifornien erreichen wir die westlichste der Channel Islands – San Miguel. Diese Insel liegt meistens in der Zone der starken Nordwestwinde, oft im Nebel und dem extremen Wetter des offenen Ozeans ausgesetzt. Als wir gegen Mitternacht den Ankerplatz ansteuern ist der Himmel allerdings sternenklar, kein Nebel in Sicht und nur ein leichtes Lüftchen bläst. Deswegen entscheiden wir uns einige Tage hier zu bleiben und das gute Wetter auszunutzen. Nachdem wir auf einem sandigen Platz geankert haben, freuen wir uns auf die erste ruhige Nacht seit langem. Am Morgen werden wir durch eigenartige Geräusche aus Richtung Strand geweckt. Es hört sich an als würde jemand Holz an Deck schneiden. Als wir uns die Sache ansehen stellen wir fest, dass die Geräusche von den nördlichen See-Elefanten (Mirounga angustirostris) stammen, die hier am Strand liegen.
Diese See-Elefanten wurden im 19ten Jahrhundert fast ausgerottet aber konnten sich seitdem, da sie unter Schutz stehen, wieder erholen. Sogar am Festland gibt es mittlerweile Strände auf denen See-Elefanten zu finden sind.
San Miguel gehört zu den Channel Islands National Park. Die Gewässer bis zu 6 Seemeilen um die einzelnen Inseln sind ein Nationales Marine Schutzgebiet und helfen so gefährdete Tierarten in und um die Channel Islands zu schützen. Auf San Miguel ist wandern erlaubt, allerdings nur mit einem Ranger oder Naturguide, weil es früher für Militärübungen verwendet wurde und ein sehr fragiles Ökosystem hat. Nachdem das Wetter warm und sonnig ist, mit nur wenig Wind, wollen wir zum Cardwell Point auf der Ostseite wandern. So machen wir uns einen Termin für die Wanderung mit einem der Naturguides aus. Am Cardwell Point gibt es einen Sandstrand der voll mit Seeelefanten und Kalifornischen Seelöwen (Zalophus californianus) ist. Man kann auf einem Kliff ca. 10 Meter über dem Strand sitzen und die Tiere so gut und nahe beobachten, ohne sie zu stören oder zu nahe zu kommen. Wir haben Glück! Mindestens 20 riesige Halberwachsene und Ausgewachsene mit ihrer typischen, großen Nase die wie ein Elefantenrüssel aussieht, und ein paar jüngere Exemplare liegen faul am Strand herum.Die Männchen werden bis zu 5 m groß und können an die 2.500 kg wiegen, sodass sie sich an Land kaum bewegen können. Viele Kalifornische Seelöwen (Zalophus californianus) nutzen dies aus und sonnen sich auf den weichen, riesigen Körpern. Seelöwen im Vergleich sehen winzig aus und bewegen sich viel schneller und graziöser.
See-Elefanten verbringen den Großteil ihres Lebens - mehr als 80% - auf offener See und suchen Futter wie Kalmare, Rochen, Seezungen, Oktopusse, Aale und Fische. Sie können den Atem bis zu 100 Minuten anhalten und bis 1.500 m tief tauchen. Sie kommen nur an Land für ein paar wenige Wochen im Jahr. Hauptsächlich um sie fortzupflanzen, ihr Fell zu erneuern oder die Weibchen um ihre Jungen zu gebären. Männchen spenden bis zu 3 Monate an Land, die Weibchen allerdings nur 5 Wochen, wobei sie in dieser Zeit nichts fressen. GPS Sender haben gezeigt, dass die Seeelefanten bis zu 3.000 Seemeilen nordwestlich der Kolonien auf Futtersuche gehen. Sie legen also lange Strecken auf offener See zurück.
Wir verbringen einige Stunden am Aussichtspunkt und beobachten diese beeindruckenden Tiere. Nach der Wanderung geht es zurück zum Boot und wir beobachten die See-Elefanten, die sich direkt am Strand vor unserem Boot befinden. Auch hier liegen ein paar große Männchen sowie einige junge, die gerade ein neues Fell bekommen. Am Strand selber findet man immer wieder Fellteile, die von ihnen abgefallen sind.
San Miguel ist wirklich eine besondere Insel und wir wären gerne noch länger geblieben. Aber das gute Wetter geht zu Ende und so entscheiden wir uns, weiter zum Festland zu segeln.