Reunion ist eine faszinierende Insel und man findet verschiedenste Klimazonen auf engstem Raum wobei die Hauptklimazone zwar subtropisch-ozeanisch ist, man aber vor allem auf den Vulkanen viele verschiedene Mikroklimate vorfindet. Auf der Insel gibt es 19 Haupt-Ökosysteme mit 110 Vegetationstypen von Hochregenwald und Nebelwald bis zu Palm-Savanne und Heidelandschaft, fast 50% der Pflanzen sind außerdem endemisch.
Die Fauna wurde leider durch den Menschen um über 50% der Arten dezimiert. Es gibt allerdings 78 Vogel-Arten (7 sind endemisch auf Reunion), 10 Säugetiere (6 Fledermäuse, 2 Ratten, 1 Maus und den Igel-ähnlichen Tenrec (Tenrec ecaudatus), von denen nur zwei hier heimisch waren (?), und 6 Reptilien. Auch gibt es über 500 Schmetterlingsarten zu bewundern.
All dies führte dazu, dass die Berge, die Cirques (das sind eingestürzte Magmakammern) und Täler auf Reunion seit 2010 eine World Heritage Site sind und großteils unter besonderem Schutz stehen. Das wertvollste an Reunion ist aber wohl der primäre Urwald, der noch gut ein Drittel der Insel bedeckt - im Gegensatz zu Rodrigues und Mauritius, wo er schon fast verschwunden ist. Vermutlich weil die ersten Siedler erst 1650 auf die Insel kamen, ständig Vulkantätigkeit vorherrschte, das Land schwer zu bearbeiten war und viele Bereiche steil und schwer zugänglich sind. Als Primärwald bezeichnet man übrigens einen Wald, der noch ganz ursprünglich ist und noch nie vom Mensch beeinflusst wurde.
Wir machten uns also auf den Weg diesen primären Urwald zu erkunden. In zwei Wanderungen stapften wir durch knöcheltiefen Schlamm, um am Ende mit einer imposanten Aussicht belohnt zu werden. Der erste Weg führte uns zuerst zum Aussichtspunkt „Gite de Belouve“ am Ende der Forststrasse durch den Höhenurwald „Foret de Bebour/Belouve“. Hier hat man einen fantastischen Ausblick über einen der drei Cirque, das sind die eingefallenen Magmakammern des nicht mehr aktiven Vulkans „Piton de Neige“. Und zwar sieht man in den „Cirque de Salzie“ hinunter der über den Norden der Insel erreicht werden kann. Allerdings kann man die Aussicht nur sehr früh genießen, bevor die ersten Wolken sich in das Tal schieben. Von dort marschieren wir dann ca. 2,5 Stunden durch diesen Höhenurwald zum „Trou de Fer“ (Eisenloch). Man kann nur auf den Wegen gehen, die die Forstverwaltung frei gemacht hat, denn ansonsten ist der Wald einfach zu dicht. Leider sind sie durch den täglichen Regen und die insgesamt hohe Luftfeuchtigkeit immer nass und ähneln eher Schlammfurchen. Wir haben uns aber nicht abschrecken lassen und uns die gesamte Strecke durch den Regenwald gequält, auch wenn wir danach von oben bis unten voll Schlamm waren. Der Wald ist fantastisch mit vielen Moosen und Flechten, die auf den Bäumen hängen, den riesigen Baumfarnen (Cyathea glauca), den endemischen Höhentamarinden (Acacia heterophylla), dem endemischen Calumet-Bambus und auch vielen Orchideen, von denen wir aber keine blühenden entdecken konnten. Am Ende des Weges liegt dann eine Aussichtsplattform ins „Trou de Fer“, von wo aus man den Wasserfall gut sehen kann. Immer wieder fliegen auch die Hubschrauber ihre Runden durchs Eisenloch.
Die zweite Urwald-Wanderung führte uns durch den unteren Teil, dem „Foret de Bebour“, der etwas tiefer liegt. Am Ende dieses anstrengenden Weges sieht man in das Tal von Takamaka hinunter, wo der Reichtum an Wasser auch zur Stromerzeugung genutzt wird und über 600 Wasserfälle in die Tiefe rauschen. Am Rückweg kann man sich noch das „Basin de Hirondelles“ ansehen, ein wunderschöner, kleiner Teich mit Höhle mitten im Urwald. Weltweit gibt es nur mehr wenige Primärwälder und so genießen wir die stundenlangen Wanderungen durch das dichte Grün.
Unsere Wege führten uns aber auch in den „Cirque de Cilaos“ der bekannt ist für seine speziellen Linsen. Ein Kilo kostet um die 16.- Euro, das war uns dann doch etwas zu viel. Allerdings ist es auch viel Arbeit, denn die Linsen werden händisch angepflanzt und geerntet, sowie gesiebt, geputzt und verpackt. Qualität hat eben seinen Preis. Die Straße dorthin ist auch ein Erlebnis, denn teilweise gerade so breit, dass ein Auto Platz hat, mit engen Tunnels und Unmengen von Serpentinen. In Cilaos angekommen wanderten wir einmal zum „Bras de Rouge“, wobei der Wasserfall selber leider nicht gesehen werden kann, da man von oben auf ihn herunter blickt. Die zweite und längere Wanderung führte uns zur „Le Chapelle“, einer Canyon-Höhle, die bis auf einige kleine Löcher nach oben hin geschlossen ist. Zur richtigen Tageszeit aber beleuchtet die Sonne den gesamten Raum der Höhle und das sieht dann wie eine Kirche aus. Dafür muss man aber auch ein gutes Stück im Flusslauf hinauf, um zur Höhle zu gelangen. Es zahlt sich auf jeden Fall aus, denn die beleuchtete Höhle ist wunderschön.
Der dritte im Bunde, der „Cirque de Mafate“ kann nur zu Fuss oder per Hubschrauber erreicht werden und stellt den absoluten Höhepunkt für Wanderer dar. Wir haben ihn leider nur von oben gesehen, von der Aussichtsplattformen am „Cap Noir“ und später vom Hubschrauber aus. Auch hier heißt es früh aufstehen, wenn man den Blick ohne Wolken erhaschen möchte. Über einen kleinen Rundweg hat man mehrere Aussichtspunkte in den „Cirque de Mafate“ und kann auch Richtung Meer, nach Le Port, sehen.
Auch einen Ausflug wert ist „Le Grand Etang“, der größten Bergsee der Insel. Der Wasserspiegel richtet sich nach der Niederschlagsmenge und kann so hoch sein, dass man ihn nicht umrunden kann, oder fast ausgetrocknet in der Trockenzeit. Dort kann man frühmorgens den Greifvögeln beim Jagen zusehen und wenn man zum hinteren Teil wandert einen Blick auf die drei, und in der Regenzeit wohl mehr, Wasserfälle erhaschen. Ein Weg führt direkt unter diese Wasserfälle, wo es jede Menge Platz für ein Picknick gibt.
Um einen guten Blick auf die Steilküste im Norden zu haben und auch das steppenartige Klima zu genießen, wandert man am besten den „Le Chemin des Anglais“ entlang. St. Deniz im Norden und St. Paul im Westen sind die zwei großen Siedlungen und wurden erst durch den Bau einer Pflasterstraße für Pferde und Zugtiere im Jahre 1732 über Land verbunden. 1810 diente der Weg den Engländern im Kampf gegen die Franzosen, daher der Name. Teile der Bepflasterung kann man noch sehen und nach ca. 1,5 km den Blick aufs sogenannte Littoral und die heutige Hauptstraße genießen.
Es gäbe noch viel mehr zu bewandern und zu sehen auf dieser kleinen Insel im Indischen Ozean. Wir haben die Zeit hier an Land wirklich genossen, freuen uns jetzt aber schon wieder darauf aufs Meer hinaus zu segeln.